Mannheimer, Siegfried (Fritz)

Geb. 30.4.1888 in Haslach
Kriegsteilnehmer 1. Weltkrieg
Danach Textilgroßhändler in Karlsruhe
Am Novemberpogrom für 4 Wochen ins KZ Dachau
Flucht 1939 nach Belgien
Deportation nach St. Cyprien, Gurs, Récébédou und Clairfont
1942 Flucht zurück nach Belgien in Untergrund
1946 Rückkehr nach Karlsruhe
Dort gestorben am 25. Juni 1950
Grab auf dem jüdischen Friedhof in Karlsruhe
Stolperstein in Haslach, Engelstraße 25

Sören Fuss
Stolpersteinprojekt Haslach i.K.

Kippenheim: Das Publikum gibt sich gerne hin

Wie immer, wenn Rebecca Salomea Ziegler in ihrer alten Heimat auftritt, ist der  Publikumszuspruch groß. Doch ist das Interesse mehr als Lokalpatriotismus, sondern echte Begeisterung für die musikalischen Unternehmungen der in Nonnenweier und Lahr aufgewachsenen 27-jährigen Sängerin und Komponistin. AmSonntagabend war sie mit dem Gesangsquartett „Of Cabbages and Kings“ in der ehemaligen Synagoge in Kippenheim zu Gast. Weiterlesen: badische_z_itung_lah_21052019_Seite_29

Hammel, Rudolf Siegmund

Rudolf Siegmund Hammel wurde am 3.3.1931 in Offenburg geboren. In Offenburg wohnte die Familie Hammel seit dem 15.4.1926 in der Sofienstraße 30. Am 15.3.1934 zog die Familie dann in die Zellerstraße 21, in welcher Rudolf den größten Teil seiner Kindheit verbrachte. Rudolf besuchte die heutige Georg-Monsch-Schule in Offenburg.

Am 22.10.1940 wurde er zusammen mit seinen Eltern Paul Hammel (geb.1892) und Mina Hammel (geb. 1898) geborene Machol und seinem Bruder Kurt Hammel (geb. 1928) nach Gurs, am Fuße der französischen Pyrenäen, deportiert. Die beiden Hammel Kinder Kurt und Rudolf wurden in ein Kinderheim in Creuse gebracht. 1942 flohen sie in die Schweiz. Ab 1943 lebten die Brüder für sechs Monate in dem kleinen Bergdorf Ascona, in der Nähe von Locarno.

Im September 1945 emigrierten die beiden dann in die USA und lebten dort bei ihrem Onkel und ihrer Tante in San Francisco. Während ihres Armeedienstes in der US-Army wurden sowohl Kurt als auch Rudy (wie er sich jetzt nannte) in Korea stationiert, jedoch nicht zur selben Zeit: so war Kurts Division schon in Japan, als Rudolfs Division nach Korea verschifft wurde (um 1950). Nachdem Rudolf zurück in Amerika war, lernte er seine zukünftige Frau Edith kennen, die auch aus Deutschland stammt, jedoch zeitweise in Australien (in Cooma) lebte. In den späten fünfziger Jahren heirateten die beiden. Nach ihrer Hochzeit zogen sie weg von San Francisco in das 20 Meilen entfernte Pacifica. Ihr Haus in Pacifica ist ungefähr eine Meile vom Meer entfernt.

Das Ehepaar hat drei Söhne: Alan, Steve und Kenny.
Rudolf arbeitete 37 Jahre für RCA+GE (Radio Corporation of America und General Electrics) als Sattelitenkommunikationstechniker. Edith arbeitet als Raumgestalterin. In ihrer Freizeit bewirtschaften sie ihren Garten, in welchem verschiedene Obst- und Gemüsepflanzen wachsen.

Aufgrund des Stolpersteinprojekts in Offenburg war Rudolf in Briefkontakt mit Frau Lüttgen, der Organisatorin des Projekts in Offenburg. Er finanzierte alle Stolpersteine seiner Familie, die vor dem Haus Zellerstraße 21 in den Boden eingelassen sind (Mutter, Vater und Großmutter Babette, geb. Kahn). Des Weiteren steht Rudolf immer noch in Briefkontakt mit seinem ehemaligen Nachbarn Hubert Litterst. (Dieser stellte einen Teil seiner Briefe als Quellen zur Verfügung.)
Das Foto zeigt Rudolf und Edith Hammel

 

Markus Häner
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2010/11                                             

Grombacher, Max

Max Grombacher wurde am 3. März 1868 im württembergischen Gemmingen als Sohn des Handelsmanns Josef Grombacher und der Hausfrau Ricke Grombacher geboren.

Max lebte wahrscheinlich bis 1894 in Gemmingen. Sicher überliefert ist, dass er,  nachdem er am 6. November 1894 seine aus Friesenheim stammende Frau Karoline Grombacher, geborene Rothschild, geheiratet hatte, mit ihr nach Straßburg zog. Ungefähr ein halbes Jahr nach der Hochzeit kam dort in der elsässischen Metropole am 22. Juli 1895 ihr erster Sohn Karl zur Welt. Sechs Jahre später folgte am 29. August 1901 der zweite Sohn Friedrich.

1920 musste Max Grombacher Straßburg verlassen, da die Deutschen, und zu den „feindlichen“ Deutschen zählte in den Augen der Franzosen der jüdische Kaufmann, aus dem Elsass ausgewiesen wurden.

Ab dem 11. April 1920 wohnte er mit seiner Frau und den Kindern in der Hauptstraße 44. In den darauf folgenden 1 ½ Jahren zogen sie noch drei weitere Male um, bis sie ab dem 1. März 1923 im Philosophenweg 20 wohnten. Von dort aus betrieb Max eine Immobilienagentur und kümmerte sich nebenbei um die Straßburger Gänseleberpastetenfabrik und Darmhandlung, bei der sein Bruder Emil Mitinhaber war.

Bei der Adresse Philosophenweg 20 handelte es sich, wie es scheint, um die Wohnungen nahezu aller Grombachers, da im Adressbuch von 1931 vermerkt ist, dass verschiedene männliche Mitglieder der Familie hier ihren „Firmensitz“ hatten. Nach der Machtübernahme der Nazis ließ Max seine Immobilienmakelei ruhen, da er keine Geschäfte mehr abschließen konnte. Fortan lebte er in ärmlichen Verhältnissen und war von der Unterstützung seiner Geschwister abhängig.

Am 10. November 1938 wurde er nach der Reichspogromnacht in das KZ Dachau verbracht, von wo er 14 Tage später am 23. November 1938 in schwerkrankem Zustand nach Offenburg zurückkehrte. Zwar wurde er sofort in das Krankenhaus gebracht, starb aber noch am selben Tag an den Folgen der in Dachau erlittenen Verletzungen.

Leonie Marie Oßwald
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2016/17

Hauser, Siegfried

Siegfried Oskar Hauser wurde als zweiter Sohn von Jakob und Pauline, geborene Breifuhß, am 8. Juli 1882 in Offenburg geboren. Sein um zwei Jahre älterer Bruder war der spätere Rechtsanwalt Dr. Hugo K. Hauser. Die beiden Jungen wuchsen in einer Wohnung in der Friedrichstraße 12 auf. Mit 16 Jahren erlangte Siegfried die mittlere Reife am städtischen Gymnasium, damals dem einzigen in Offenburg, das heute Grimmelshausen-Gymnasium heißt. Danach begann er vermutlich eine kaufmännische Ausbildung, da er, wie schon sein Vater, Kaufmann wurde. Wahrscheinlich trat er nach der Lehre in das Konfektionsgeschäft seines Vaters ein, das dieser zusammen mit Karl Levi in der Hauptstraße 88 bereits 1876 gegründet hatte. Am 15. April 1920, kurz nachdem Karl Levi nach Siegfrieds Vater Jakob gestorben war, führte Siegfried als Alleininhaber das bekannte Offenburger Textilhaus.

1938 mussten alle männlichen Juden per Gesetz den Zwangsnamen „Israel“ als zweiten Vornamen führen. So wurden sie schon lange vor der Pflicht, den Judenstern tragen zu müssen, diffamiert. In amtlichen Dokumenten „hieß“ der Geschäftsmann von da an Siegfried Oskar Israel Hauser. Noch im selben Jahr musste er sein renommiertes Konfektionshaus für nur 100.000 RM an Max Keilbach und Josef Heinrich verkaufen, es war, wie man damals zu sagen pflegte, arisiert. Das Unternehmen „Hauser & Levi“ wurde am 19. April 1939 aus dem Handelsregister gelöscht und das Geschäft nannte sich nun „Keilbach & Klein“.

Siegfried Hauser wurde am berüchtigten 22. Oktober 1940 wie alle anderen badischen Juden in das Pyrenäen-Lager Gurs deportiert. Von dort wurde er in das Konzentrationslager Auschwitz gebracht, wo man ihn wahrscheinlich direkt nach der Ankunft umbrachte. Als Todeszeitpunkt legte das Amtsgericht Offenburg nach dem Zweiten Weltkrieg den 30. April 1944 fest, ein Datum, welches auch für seinen Bruder und dessen Frau Johanna, die ebenfalls im KZ ermordet worden waren, bestimmt wurde.

Sein Neffe Hans Gustav überlebte, und da Siegfried weder Frau nach Kinder hatte, war Hans -genannt Jack-, der in den USA lebte, der alleinige Erbe. Jack Hauser stritt sich einige Zeit mit den deutschen Entschädigungs-Behörden vor allem um Siegfrieds Wohnung und die große Briefmarkensammlung seines Onkels, wofür er 5 000 DM erhielt.

An Siegfried Hauser erinnert in der Friedrichstraße 12, wo er aufwuchs und lebte, ein Stolperstein. In dem einst renommierten Geschäft „Hauser & Levi“ residiert heute die erfolgreiche Modekette „H & M“.                 

Karolin Scheiding
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2016/17

Ebstein, Ismar & Ida (geb. Weil)

Ismar Ebstein wurde am 28. Dezember 1878 in Breslau geboren. Nach Beenden der Schule machte er eine Lehre zum Kaufmann. Danach genügte er der Militärdienstpflicht. 1907 zog er nach Offenburg in die Hauptstraße 17 zu dem Gastwirt Elias Weil. Im selben Jahr heiratete er dessen Tochter Ida, die am 25. Oktober 1875 geboren worden war. Am 8. März 1909 kam ihr erster Sohn Alfred zur Welt und ein Jahr später, am  2. Oktober 1910, wurde ihr zweites Kind Friederike geboren. Am 31. März zog die Familie nach Bad Wildbad, wo Ismar das Hotel seiner Schwiegereltern übernahm. In der Folgezeit wechselten die Ebsteins mehrfach zwischen Bad Wildbad und Offenburg hin und her. Im Jahr 1916, als sie gerade wieder einmal in Offenburg in der Seestraße lebten, brachte Ida ihr letztes Kind Elias Erich am 19. Februar auf die Welt.

1926 gab Ismar das Hotel auf und wurde Vertreter von verschiedenen Zigarren- und Weinfirmen. Ob das Hotel, das koschere Kost anbot und hierfür unter Aufsicht eines Rabbiners stand, nicht mehr genügend abwarf, entzieht sich der Kenntnis.

Jedenfalls zogen die Ebsteins 1927 von ihrer gutbürgerlichen Wohnung zu Ismars verwitweter Schwägerin Rudolphine Fetterer in die Blumenstraße 3, die heutige Philipp-Reis-Straße. Die Schwägerin unterstützte die Familie bereits seit Ende der 1920er Jahre, da seine Einkünfte auch wegen der sich anbahnenden Weltwirtschaftskrise gering waren. Nach der Machtübertragung an die Nazis verschlimmerte sich die wirtschaftliche Situation der Familie, bis Ismar schließlich ab Juli 1937 ganz aus seinem Beruf verdrängt wurde.

1938 wurde Idas Mann nach der Reichspogromnacht im November für 12 Tage im KZ Dachau gefangen gehalten. Am berüchtigten 22. Oktober 1940 schließlich wurde Ida mit ihrem Ehemann in das Pyrenäen-Lager Gurs deportiert. Zwei Jahre später, am 28. August 1942, verlegte man das Ehepaar in die Kleinstadt Mirande im Département Gers in ein Hospiz. Dort starb Ismar wohl aufgrund der erlittenen Strapazen, Ida hingegen wurde kurz darauf nach Récébédou, ein anderes französisches Internierungslager, gebracht. Es gelang ihr, der Deportation in ein Vernichtungs-KZ im Osten zu entkommen und in der kleinen Gemeinde Lacaune bei Toulouse das Kriegsende zu erleben. 1946 wanderte sie nach Palästina aus und verstarb am 19. November 1951 in der nahe bei Tel Aviv gelegenen Stadt Herzlia.

Jule Frenk & Karolin Scheiding
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2017/18

Hammel, Julius

Julius Hammel wurde am 19. Juni 1888 in Freistett als Sohn jüdischer Eltern geboren. Er besuchte die Volksschule in Freistett und später die Realschule Rheinbischofsheim und verlebte eine glückliche Kindheit. Am 16. Mai 1923 heiratete er Irma Hammel, geb. Hammel, die am 5. April 1901 in Freistett geboren worden war. Das Paar ließ sich in Baden-Baden nieder, wo Irma am 22. Februar 1924 ihre Tochter Hedwig zur Welt brachte.

Am 22. Oktober 1924 zog die Familie nach Offenburg in die Gaswerkstrasse 17. Die zweite Tochter Ingeborg kam am 10. November 1925 in Offenburg zur Welt. Julius Hammel war Viehhändler, seine Geschäftsräume hatte er im Erdgeschoss unter seiner Wohnung in der Gaswerkstrasse 17 eingerichtet. Die Stallungen waren zuerst in der Wasserstrasse und später auch in der Gaswerkstrasse untergebracht. Er besaß aber auch Stallungen in Renchen.

Nachdem die NSDAP 1933 an die Macht gekommen war, musste er schwere geschäftliche Einbußen hinnehmen und ab 1936 hatte er überhaupt keinen Verdienst mehr. Nach der Reichspogromnacht am 9. November 1938 wurden in ganz Deutschland die männlichen Juden verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau gebracht. Auch Julius Hammel war darunter, doch bereits am 10. Dezember 1938 kam er wieder frei.

Jetzt wusste er, dass seine Familie in Deutschland nicht mehr weiterleben konnte und stellte einen Ausreiseantrag. Doch leider konnte er die dazu benötigte Vermögenserklärung nicht vorlegen, denn sein Notar war im Krieg. Er wollte die Vermögenserklärung bis Ende des Jahres 1940 nachreichen, doch dazu kam es nicht mehr.

Bei der großen Deportation im Oktober 1940 wurde die Familie Hammel ins südfranzösische Lager Gurs deportiert und 1941 nach Rivesaltes in das dortige Internierungslager überstellt. 1942 entließ man die Töchter Hedwig und Ingeborg, doch Julius und seine Frau Irma blieben im Lager. Im September 1942 deportierte man beide in das Todeslager Auschwitz, wo sie vermutlich 1943 ermordet wurden.

Fast die gesamte Familie Hammel kam in Hitlerdeutschland um. Kurt Hammel, ein Neffe von Julius, überlebte jedoch und wanderte in die USA aus. Dort nahm er Kontakt auf mit anderen Offenburger Juden, die flüchten konnten.

Lina Seitzl
Gedenkbuch Salmen (Offenburg), 2005

Grombacher, Karoline (geb. Rothschild)

Karoline Grombacher wurde am 22. Juni 1867 in Friesenheim geboren. Ihr Vater, Abraham Rothschild, übte den Beruf des Kunst- und Religionslehrers aus, ihre Mutter Regine, eine geborene Bodenheimer, war als Hausfrau tätig.

Am 6. November 1894 heiratete Karoline den aus dem württembergischen Gemmingen stammenden Max Grombacher. Die junge Familie lebte in Straßburg. Am 22. Juli 1895 kam ihr erster Sohn Karl auf die Welt, ihr zweiter Sohn Friedrich wurde am 29. August 1901 geboren.

Am 14. April 1920 wurden die Grombachers aus Frankreich ausgewiesen aufgrund der von der Pariser Regierung verfolgten Politik, nach Möglichkeit alle Deutschen aus dem Elsass nach Deutschland zu „repatriieren“. Die Familie gelangte so nach Offenburg und bekam in der Hauptstraße 44 eine Wohnung zugewiesen. Schon zwei Monate später zogen sie in die Friedenstraße 6, knapp ein Jahr später in die Friedrichstraße 60 und schließlich im März 1923 in den Philosophenweg 20, wo sie bis 1938 wohnen blieben. Im Philosophenweg stellten sie pharmazeutische Artikel her.

Wie die anderen männlichen Offenburger Juden wurde auch Max nach der Reichspogromnacht am 9. November 1938 in „Schutzhaft“ genommen und im KZ Dachau inhaftiert. Als er am 23. November 1938 zurückkehrte, war er geschwächt und verstarb noch am selben Tag aus „verfolgungsbedingten Gründen“, wie es  in der Entschädigungsakte lapidar heißt.

Die verwitwete Karoline lebte noch ein weiteres Jahr in Offenburg in einem sogenannten Judenhaus in der Gaswerkstraße 8, bevor sie am 6. August 1939 nach Straßburg zu ihrem Sohn Friedrich reiste, der schon länger nach Frankreich ausgewandert war und seinen Namen in Frédéric geändert hatte. Sein älterer Bruder Karl war zu dieser Zeit auch schon nach Frankreich geflohen und hatte den Namen Charles angenommen. Im Dezember des Jahres wollte Karoline ihr Mobiliar, darunter Schränke und Tische aus Nussbaum, Silberbesteck, Geschirr und  ein Klavier, nach Frankreich überführen. Die Sachen wurden allerdings an der Grenze in Kehl von den deutschen Behörden konfisziert, sie gelangten nie wieder in den Besitz der Familie zurück. Spätere Ermittlungen ergaben, dass das Umzugsgut entweder von der deutschen Zollbehörde zwangsversteigert oder in einer Holzbaracke gelagert worden war und 1945 durch Kriegseinwirkungen verbrannte. Als Entschädigung erhielten Friedrich und Karl als Erben ihrer Mutter 8000,- DM im Jahre 1961.

Als die deutsche Wehrmacht Frankreich angriff, wurde Karoline mit Friedrichs Familie in den Süden Frankreichs evakuiert. Nach Kriegsende kehrte sie 1945 nach Offenburg zurück. Da dort allerdings nichts mehr von ihrem Besitz erhalten war und auch die vertraute Umgebung der jüdischen Gemeinde nicht mehr existierte, ging sie erneut nach Straßburg zu ihrem Sohn Frédéric. Als Entschädigungsleistung bekam sie eine kleine Hinterbliebenenrente, da ihr Ehemann als Kaufmann beruflich lediglich dem „einfachen Dienst“ zugeordnet wurde.

Am 3. März 1954 verstarb Karoline Grombacher in Straßburg.

Sophie Bredow
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2016/17

Haberer, Leo

Der am 10. Juni 1887 in Friesenheim geborene Leo Haberer war eines von fünf Kindern des Kaufmanns Karl Haberer III und dessen Frau Marie Haberer (geb. Kornmann). Am 8. Juli 1919 heiratete er seine Frau Thekla Haberer (geb. Wertheimer). Mit ihr hatte er zwei gemeinsame Töchter, Ingeborg (geb. 19.01.1921 in Freiburg) und Ellen (geb. 27.03.1926 in Offenburg). 

Leo Haberer war Kaufmann, er öffnete am 3. November 1922 ein Textilgeschäft und wenig später ein Möbelgeschäft in der Steinstraße 28 in Offenburg. Seine Frau Thekla, die am 19. Februar 1896 in Kippenheim geboren wurde, half ganztägig als Geschäftsführerin im Geschäft ihres Mannes. Sie bezog kein festes Gehalt und arbeitete mit zwei Verkäuferinnen und einer Buchhalterin zusammen. Leo Haberer verbrachte fünf Tage die Woche bei auswärtigen Kunden. Die Geschäfte liefen zunächst gut. Nachdem die NSDAP 1933 an die Macht kam, verschlechterte sich seine geschäftliche und finanzielle Lage deutlich. Kurz nach der Flucht seines älteren Bruders Max Haberer im Jahr 1935 in die Schweiz, wurde Leo Haberer von der Gestapo als Repressalie verhaftet. Er war drei Monate inhaftiert. 1937 musste er sein Textilgeschäft aufgeben und im Sommer 1938 verkaufte er das Möbelgeschäft. Am Morgen des 10. November 1938, dem Tag nach der sogenannten „Reichskristallnacht“, wurde Leo Haberer von den Nationalsozialisten aus seinem Bett gezerrt, auf einen Lastwagen gezwungen und ins Gefängnis gebracht. Zusammen mit allen anderen männlichen Juden Offenburgs über 16 Jahren wurde er abends den teils johlenden und brüllenden Menschen ausgesetzt, als sie zu Fuß vom Gefängnis zum Bahnhof laufen mussten. Von dort aus wurden sie nach Dachau deportiert. Zu diesem Zeitpunkt war er körperlich krank. Er litt sehr unter der Misshandlung im Konzentrationslager in Dachau.  

Er überlebte die Gefangenschaft in Dachau mit Schwerhörigkeit und weiteren schweren psychischen und physischen Folgen. Seit der Verhaftung von Leo Haberer lebte seine Frau Thekla in  ständiger Angst und Sorge, dass ihr Gleiches widerfahren könnte.  

Im Dezember 1938, nach der Freilassung Leo Haberers, floh die Familie in die USA. Die Auswanderung war vermutlich schon im Sommer geplant, da die Familie Haberer bereits Ende August ihr Hausgrundstück verkaufte. Die jüngste Tochter Ellen war zum Zeitpunkt der Auswanderung 12 Jahre alt, Leo selbst war 51. Die Familie fuhr mit dem Dampfer „Washington“ der United States Lines nach New York. Sie reisten mit sehr viel Gepäck, da die Familie durch die Möbel- und Ausstattungsgeschäfte gut eingerichtet war. 

Nachdem Leo in New York keine Arbeit finden konnte, zogen die Haberers nach Philadelphia um. Dort bekam Leo von 1940-1945 eine Stelle als ungelernter Arbeiter in einer Herrenbekleidungsfabrik. Die Arbeit war jedoch schwer und ging über seine physischen Kräfte hinaus. Nach dem Kriegsausbruch verlor er seinen Arbeitsplatz, da er noch im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft war und dadurch formal betrachtet als feindlicher Ausländer galt. Seinen alten Beruf konnte er nicht mehr ausüben. Leo fand Tätigkeiten in der Bekleidungsbranche, er brachte anprobierte Kleidungsstücke zurück an ihren Platz und erledigte viele Hilfsarbeiten. Nachdem der Krieg beendet war, verlor er erneut seinen Arbeitsplatz, da die Firma auf Friedensproduktion umstellte. Zu diesem Zeitpunkt war er 59 Jahre alt.

Seine schwierige finanzielle Lage und die Fabrikarbeit machten ihm sehr zu schaffen. Als er schließlich keine Arbeitsstelle mehr finden konnte, beschloss er in New York einen Hausierhandel mit Nähartikeln zu betreiben. Jedoch scheiterte der Versuch 1948, als ihm die Arbeit über dem Kopf gewachsen war und sein körperlicher Zustand immer schlimmer wurde. Schwer krank siedelte er 1948 mit Frau und Kindern nach Kalifornien um. Dort half er bis zu seinem Tod am 20. Mai 1952 in einem Studentenhaus mit. 

 Mona Faißt
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2011/2012 

Hammel, Liselotte Nanette

Liselotte Nanette Hammel wurde als Tochter des Viehhändlers Simon Hammel (25.12.1867) und seiner Frau Mina, geborene Bloch (12.07.1883) am 1. Januar 1919 in Baden-Baden geboren. Zusammen mit ihren Eltern und ihrer 10 Jahre älteren Schwester Gertrud (16.03.1909), lebte sie bis zum 30. März 1928 in Renchen. Dann zog die Familie nach Offenburg, wo sie zunächst in der Herrmannstr. 20 und ab 1931 in der Sofienstr. 3 wohnte. Liselotte ging auf die höhere Töchterschule in Offenburg, die jedoch 1930 geschlossen wurde. Gertrud besuchte die Handelsschule in Achern und arbeitete später als Sekretärin im Betrieb ihres Vaters. Dieser war ein angesehener Viehhändler, dessen Geschäft sehr gut lief, bis es ab 1933, aufgrund der nationalsozialistischen Rassenideen, langsam zum Erliegen kam.

1938 wanderte Gertrud, Liselottes Schwester, mit ihrem Mann Paul Löwenthal in die USA nach Brooklyn aus. Dort wurde sie jedoch nie glücklich, da sie nicht gut Englisch sprach und mühsame Fabrikarbeit leisten musste, um genug Geld zu verdienen.

Am 9. September 1939 zog Liselotte, die in Offenburg als Angestellte und Hausgehilfin gearbeitet hatte, nach München, wo sie in der Martiusstr. 8 bei einer Familie Frank wohnte und als Sekretärin arbeitete. Nur drei Monate nach der Ankunft in München bekam sie am 2. Januar 1940 ihre Tochter Judis. Zu dieser Zeit war ihr Vater in München, um sie zu unterstützen. Der Vater des Kindes war der Kaufmann Rudolf Kahn, der jedoch nicht mit Liselotte verheiratet war. Weitere Informationen sind über ihn nicht bekannt.

Schon eine Woche nach der Geburt kam Judis in ein Kinderheim der IKG (Israelitische Kultusgemeinde München) in der Antonienstraße 7. Die Gründe der Trennung von Mutter und Kind sind unbekannt. Liselotte lebte ab dem 21. 05.1940 bei einer Familie Bloch und ab dem 20.05.1940 in einem IKG Krankenheim in der Hermann-Schmid-Str. 5. Auch die Gründe dafür sind ungeklärt.

Liselottes Eltern wurden beide bei der großen Massendeportation der Badischen und Saarpfälzer Juden am 22. Oktober 1940 deportiert und in das französische Internierungslager Gurs gebracht. Dort starb Simon Hammel am 16. Dezember 1940, während Mina Hammel am 15. März 1942 nach Rivesaltes gebracht wurde. Von dort schaffte sie es zu fliehen, lebte illegal in Frankreich bis sie schließlich am 6. Juli 1946 nach New York auswanderte, um bei ihrer Tochter Gertrud zu leben. Sie litt an der Parkinson-Krankheit und starb am 22. März 1959.

Am 1. November 1940 zog Liselotte nach Stuttgart in die Seestraße 64. Ihre Tochter kam aus unbekannten Gründen erst am 12. November 1941 nach Stuttgart.

Beide wurden am 26. April 1942 mit nur 23 und zwei Jahren ins polnische Auffanglager Izbica gebracht, wo insgesamt etwa 14 000 Juden festgehalten wurden. Am 31. Dezember 1945 wurden sie für tot erklärt.

Leonie Henn
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2011/12