Cahn, Johanna (geb. Kohlhagen)

Staatsarchiv FreiburgAm 25. Januar 1877 wurde Johanna Cahn in Höringhausen bei Kassel als Tochter des Gastwirts Jakob Kohlhagen und seiner Frau Sarah geboren. Über die Kindheit von Johanna gibt es keine Informationen. Sie war mit Isidor Cahn verheiratet, der aus Dortmund stammte. Johanna hatte wie ihr Mann eine kaufmännische Ausbildung. Die Eheleute bauten in Offenburg das Schuhhaus „Adler“ auf, das bald zu einem der besten Schuhgeschäfte der Stadt wurde. Nach dem Tod ihres Mannes am 1. Mai 1929 übernahm Johanna das Geschäft in Alleinregie. Zum Vermögen der Familie Cahn gehörte auch ein großes Wohnhaus in der Hildastraße 57a.
Am 1. Februar 1936 musste das Schuhgeschäft wegen der nationalsozialistischen Zwangsmaßnahmen gegen Juden an Hermann Eberholzer verkauft werden.
Isidor und Johanna Cahn hatten eine Tochter, die am 22. Februar 1905 geborene Ilse. Sie heiratete später den Nichtjuden Hans Kramer und lebte mit ihm in Mannheim. Aus dieser Ehe entstand Margot, später eine verheiratete Doerntlein. Die Ehe ihrer Mutter scheiterte weit vor 1933, und Ilse Kramer zog mit Margot nach Offenburg. Dort arbeitete sie im Schuhladen ihrer Mutter Johanna mit. Am 22. Oktober 1940 wurden Johanna Cahn und ihre Enkelin Margot, die zu diesem Zeitpunkt 13 Jahre alt war, wie alle badischen und pfälzischen Juden nach Gurs deportiert. Während ihre Enkelin von einem Schweizer Hilfswerk gerettet werden konnte und in die USA auswanderte, wurde Johanna Cahn in das Lager Rivesaltes verlegt, wo sie am 5. Juli 1943 an vermeintlicher Herzschwäche starb. Ihre Tochter Ilse Kramer arbeitete zum Zeitpunkt der Deportation als Haushaltshilfe bei einer jüdischen Familie in Stuttgart. Wahrscheinlich ist sie mit dieser in ein Konzentrationslager im Osten deportiert und dort ermordet worden. Man hat nie wieder etwas von ihr gehört.
In den Jahren nach dem Krieg stellte Margot Doerntlein einen Antrag auf Entschädigung. Jedoch verzichtete sie auf eine Wiedergutmachung für das „arisierte“ Wohnhaus und das „arisierte“ Schuhgeschäft. Stattdessen wollte sie nur eine Geldessumme für Johannas und ihren Aufenthalt in Gurs und für die Jahre, in denen Johanna Cahn nicht arbeiteten durfte.

Sina Laible, Schillergymnasium Offenburg
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2019-20

Spitzer, Isidor

K. SchlessmannIsidor Spitzer, der am 6.5.1910 das Licht der Welt erblickte, wuchs in der Stegermattstraße 10 in Offenburg auf. Sein Vater Alexander Spitzer wurde am 8.12.1867 in Mattesdorf in Ungarn geboren. Zusammen mit seiner Ehefrau Helene betrieb er einen kleinen Hausierhandel in Offenburg. Laut amtlicher Einschätzung gehörten die Eheleute Spitzer zu den ärmsten Juden der Stadt. Sie erhielten finanzielle wie materielle Unterstützung seitens der Kommune, gelegentlich auch von der jüdischen Gemeinde. Dennoch häuften sich die Schulden, so dass es im Sommer 1933 zu Zwangsvollstreckungen kam. Ab Ende 1938 war das Ehepaar völlig auf die Unterstützung der jüdischen Gemeinde angewiesen, weil die Nazis per Gesetz öffentliche Wohlfahrtshilfe für Juden verboten. Am berüchtigten 22. Oktober 1940 wurde Alexander Spitzer wie alle badischen und pfälzischen Juden in das Internierungslager nach Gurs in die Pyrenäen deportiert. Dort verstarb er am 7.12.1941. Seiner Frau hingegen gelang die Flucht in die USA.
Isidor Spitzer besaß drei Schwestern. Zwei Schwestern, Frieda und Thekla, entkamen mit der Mutter in die USA. Thekla verstarb jedoch schon am 20.5.1942 krankheitsbedingt in Denver. Die andere Schwester Bertha Spitzer, war schon 1926 an den Folgen einer Tuberkuloseerkrankung verstorben.
Isidor Spitzer flüchtete bereits im Mai 1933 ins Elsass. In Offenburg als Gemeindebeamter tätig gewesen, arbeitete er laut Angaben eines Bekannten nun als Kantor und Schochet (Vorsänger in einer Synagoge und religiöser Schlachter). Hier lernte er auch seine zukünftige Frau Blanche Landauer kennen. Sie heirateten 1934 und zogen später in die Nähe von Paris. Zuvor, noch in Straßburg, hatte Blanche Spitzer ihren Sohn Roland am 30.12.1935 zur Welt gebracht. Zu einem unbekannten Zeitpunkt, wahrscheinlich als die Deutschen in Paris einmarschierten, flohen die Spitzers weiter nach Marseille. Die Hafenstadt befand sich im nicht von den Nazis besetzten Teil Frankreichs. Es ist davon auszugehen, dass die Familie versuchte, mit dem Schiff von Marseille aus in ein anderes Land zu flüchten, was ihr jedoch nicht gelang. Im März 1943 wurde die Familie zusammen mit vielen anderen Juden von Marseille in das SS-Sammellager Drancy bei Paris deportiert. Wenige Tage später, am 23.3.1943, musste Isidor Spitzer den Viehwagon in das Vernichtungslager Majdanek bei Lublin betreten. Seitdem galt er als vermisst. Wahrscheinlich wurde er in Majdanek kurz nach der Ankunft ermordet. Auch seine Frau Blanche und seinen Sohn Roland deportierten die Nazis von Drancy aus im April 1944 nach Auschwitz, wo sie wohl sofort vergast wurden. In einer französischen Sterbeurkunde ist für Roland Spitzer als Todesdatum der 18.4.1944 angegeben. Frieda Spitzer, die einzige Überlebende, stellte einen Antrag auf Entschädigung für das Leid und den Tod ihres Bruders. 1957 erhielt sie letztendlich 3300 DM. Rechnet man dies auf die Dauer der Flucht Isidor Spitzers hoch, so war ein Tag voller Furcht, Angst und Verzweiflung nur 0,45 Euro wert.

Leon Hambrecht
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2019-20

Hammel, Babette (geb. Kahn)

Staatsarchiv FreiburgBabette Hammel, geborene Kahn, erblickte am 28.8.1865 in Diersburg das Licht der Welt. Sie heiratete am 24.6.1890 Jakob Hammel, welcher im Juli 1863 geboren wurde und ebenfalls Jude war. Er starb allerdings am 31.8.1928 mit 65 Jahren, wodurch Babette Hammel nach 38 Jahren Ehe zur Witwe wurde.

Vor Jakobs Tod lebten die Beiden in Neufreistett, zogen aber am 30.6.1920 in die Zeller Straße 21 in Offenburg um, wo Babette mit ihrem Mann ein Anwesen besaß. Sie bekamen zwei Kinder, Paul und Leo. Babettes Mann Jakob war Inhaber eines Viehhandelsgeschäfts, welches nach seinem Tod von seiner Frau und ihrem jüngeren Sohn Paul fortgeführt wurde. 1940 musste Babette den älteren Sohn Leon, der nach Frankreich ausgewandert war, um Geld bitten und zwar um insgesamt 90.000 Francs, die über Verwandte in der Schweiz zu ihr transferiert werden sollten. Mit der Summe wollte Babette die von den Nazis verhängte Juden-Sondersteuer begleichen. Laut dieser Steuer hatten deutsche Juden zwanzig Prozent ihres Gesamtvermögens in fünf Raten an die jeweiligen Finanzämter abzugeben, wobei es dem Staat so gelang, eine Milliarde Reichsmark einzunehmen.

Am 22.10.1940 wurde Babette Hammel mit ihrem Sohn Paul und ihrer Schwiegertochter Mina sowie deren zwei kleinen Söhnen aus ihrer Wohnung in der Zellerstr. 21 ins Sammellager Gurs in Südfrankreich deportiert, wie zu diesem Zeitpunkt alle anderen badischen und pfälzischen Juden. Laut ihrem Sohn Leo hatte die bereits 75 Jahre alte Babette mit ihrer Schwägerin nur eine halbe Stunde Zeit, um einen kleinen Koffer zu packen. Bis auf die beiden kleinen Enkel, die in ein Kinderheim kamen, starben alle anderen Familienmitglieder in den Nazilagern: Bereits am 27.2.1942 starb Babette in Gurs, ihr Sohn und dessen Frau erlitten Ende August desselben Jahres in Ausschwitz den Gastod.

Benedikt Hambsch
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2019-20

Salomon, Frieda (geb. Stern)

Frieda wurde am 7.3.1887 in Dettensee, heute Horb am Neckar gehörend, als Tochter der Eheleute Baruch und Klara Stern geboren. Am 5.8.1912 heiratete sie den Viehhändler Felix Salomon in Offenburg, der, am 22.6.1885 geboren, aus Hilbringen stammte, einem Ortsteil der saarländischen Stadt Merzig. Das Paar bekam zwei Kinder: Tochter Käthe wurde am 2.8.1913 in Merzig geboren. Das zweite Kind hieß Hans Ludwig und erblickte das Licht der Welt am 1.3.1915 in der Offenburger Hauptstraße 31. Ihm gelang es, im August 1937 nach Buenos Aires in Argentinien auszuwandern. Wohl schon 1936 heiratete Käthe einen Zahnarzt namens Oscar Spindler und zog mit ihm ins belgische Antwerpen. Hier gebar sie am 11.5.1937 ihren Sohn Robert. Antwerpen, aber auch Brüssel waren um diese Zeit bevorzugte Fluchtorte der in Deutschland verfolgten Juden.
Frieda lebte zusammen mit ihrer Tochter Käthe schon vor 1933 in Merzig getrennt von ihrem Ehemann Felix Salomon. Am 2.4.1936 zog sie nach Offenburg in die Okenstraße 81 als Untermieterin bei Theodor Kahn. Doch schon bald hielt sie hier nichts mehr, nachdem Käthe mit ihrem Ehemann nach Belgien ausgewandert war. Denn auch ihr Sohn Hans Ludwig war nach der Trennung augenscheinlich bei ihrem Ehemann verblieben. So zog sie Anfang 1938 ebenfalls nach Belgien zu ihrer Tochter, die mit Ehemann und Sohn mittlerweile in Brüssel-Schaerbeek in der rue Gallait 107 wohnte. Hier wurden sie von den Nazimördern aufgespürt, nachdem die deutsche Wehrmacht bis zum 28.5.1940 ganz Belgien besetzt hatte.

Frieda Salomon musste ab dem 7.6.1942 den „Judenstern“ tragen. Am 10. Oktober desselben Jahres wurde sie zusammen mit ihrer Tochter und dem kleinen Enkelsohn in das SS-Sammellager Mechelen (frz. Malines) deportiert und am selben Tag mit dem Transport 12 als Nummer 187 in das KZ Ausschwitz weiter transportiert. Wahrscheinlich starben die Drei nach der Ankunft im Gas.
Bei der Festsetzung der Haftentschädigung gab es Uneinigkeiten über den Todeszeitpunkt, da die Höhe der Haftentschädigung von der Haftdauer abhängig gemacht wurde. Deshalb legte die Wiedergutmachungsbehörde den Todeszeitpunkt für kurz nach der Ankunft im KZ fest, was aber von einem Gericht auf den 31. Januar 1945 korrigiert wurde: Rein theoretisch hätten Frieda, ihre Tochter und Enkel Robert noch leben können, als am 27.1 die sowjetische Armee das KZ Auschwitz befreite. Von der Familie entkamen nur Ehemann Felix und Sohn Hans Ludwig den Nazis.

Tom Bächle
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2019-20

Foto: Lukas Lienhard / copyright Diogenes Verlag

Emmendingen: Lesung mit Thomas Meyer – Wolkenbruchs waghalsiges Stelldichein mit der Spionin (2019)

Wegen der Corona-Pandemie vorerst abgesagt; die Veranstalter bemühen sich um einen Ersatztermin

Der orthodoxe Jude Motti Wolkenbruch hat immer brav getan, was seine Mamme von ihm erwartete. Bis zu dem Abenteuer mit einer Schickse. Motti verliert sein Zuhause und wird von den »Verlorenen Söhnen Israels« aufgenommen. Wie sich aber bald zeigt, sind sie weit mehr als eine Selbsthilfegruppe: Motti befindet sich im Hauptquartier der Jüdischen Weltverschwörung. Doch die ist ein erfolgloser Lotterladen.
Motti übernimmt das Steuer, und bald wird überall nur noch Hummus gegessen und Jiddisch gesprochen. Allerdings will auch eine Gruppe von Nazis die Welt beherrschen. Sie fluten das Internet mit Hass und Grammatikfehlern – und setzen die schöne Spionin Hulda auf Motti an.
Thomas Meyer, geboren 1974 in Zürich, arbeitete nach einem abgebrochenen Jura-Studium als Texter in Werbeagenturen und als Reporter auf Redaktionen. 2007 machte er sich selbständig. Sein Roman ›Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse‹ wurde zu einem Best- und Longseller, die Verfilmung ›Wolkenbruch‹ (2018) war ein großer Kinoerfolg. Thomas Meyer lebt in Zürich.

Sonntag, 29. März 2020, 17:00 Uhr
Altes Rathaus Emmendingen, Bürgersaal, Marktplatz 1
in Kooperation mit Buchhandlung Blum, Emmendingen und Diogenes Verlag, Zürich
6 Euro
Foto: Lukas Lienhard / copyright Diogenes Verlag

Jubiläumskonzert Emmendingen

Emmendingen: Konzert „Blicke nach Osteuropa“ vorerst abgesagt

Das Konzert von Michael Heitzler‘s Klezmer Band am 22.März wurde vorerst abgesagt. Bei bereits im Vorverkauf erworbenen Karten bitte den Kulturkreis kontaktieren:

Sonntag, 22 März 2020, 19 Uhr
Emmendingen, Steinhalle
Verein für jüdische Geschichte und Kultur Emmendingen e.V. in Zusammenarbeit mit der Jüdischen Gemeinde Emmendingen K.d.ö.R.

Foto: Stadtarchiv Offenburg

Offenburg: Gedenkveranstaltung in Erinnerung an die Ermordung von Häftlingen der Außenstelle des KZ Natzweiler in Offenburg

Wegen der Corona-Pandemie abgesagt
Im März 1945 wurden ca. 600 Häftlinge aus dem Konzentrationslager Flossenbürg nach Offenburg überstellt. Viele überlebten diesen Transport nicht. Von SS-Männern und Soldaten bewacht, mussten die restlichen Häftlinge unter Todesgefahr die durch alliierte Bombenangriffe beschädigten Bahnanlagen reparieren und Blindgänger entfernen. Ihre Lebensbedingungen waren verheerend. Viele starben an Hunger, Krankheit, Erschöpfung oder wurden durch Kriegseinwirkungen oder ihre Bewacher getötet. Bevor das Kommando am 13. April 1945 in Richtung Donaueschingen abzog, erschlugen Aufseher am 12. April 1945 41 kranke Häftlinge auf bestialische Weise. Unmittelbar in der Nähe des Tatorts in der Prinz–Eugen-Straße / Nordoststadt befindet sich heute die Erich-Kästner-Realschule, die mit einer Gedenktafel an dieses Massaker erinnert.
Gemeinsam mit dem Stadtarchiv Offenburg und dem Bunten Haus gedenken die Lehrer*innen und Schüler*innen der Erich-Kästner-Realschule dieses Verbrechens.
Die Enkelin eines belgischen Widerstandskämpfers der unter den Häftlingen war und dessen Todesumstände bis heute ungeklärt sind wird über ihre Suche nach Antworten berichten.

Sonntag, 29. März 2020, 11 Uhr
Erich-Kästner-Realschule, Prinz-Eugen-Straße 76
Veranstalter: Erich-Kästner-Realschule in Kooperation mit dem Stadtarchiv Offenburg
Eintritt frei

Gedenkstätte Salmen, Offenburg

Vortrag abgesagt: Was bedeutet Gleichberechtigung heute?

Der Vortrag wird – anhand von Beispielen aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – beleuchten, was die Grund- und Menschenrechte den Bürgerinnen und Bürgern heute garantieren und wo – auch aufgrund der aktuellen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen – Herausforderungen bestehen. In die anschließende Gesprächsrunde können Fragen mitgebracht werden. frauentag2020_web

Mittwoch, 18.3.2020 19.30 Uhr
mit Prof. Dr. Susanne Baer, LL.M. Richterin des Bundesverfassungsgerichts
Veranstalter: Frauennetzwerk Offenburg in Kooperation mit Offenburger Netzwerk für Nachhaltigkeit, UNESCO AG der Klosterschulen und VHS Offenburg
Offenburg: Salmen, Lange Str. 52
Eintritt frei
Anmeldung unter:

Emmendingen: Verschoben – exklusive Führung

Die exklusive Führung für Frauen durch das Jüdische Museum Emmendingen im ehemaligen Ritualbad (Mikwe) am 15. März wird verschoben. Die Veranstalter informieren, sobald der Termin nachgeholt werden kann.

Neuer Termin wird zeitnah bekannt gegeben
Jüdisches Museum Emmendingen, Schlossplatz 7
Verein für jüdische Geschichte und Kultur Emmendingen e.V.
Eintritt frei, Spenden erbeten