Levi, Gustav, Flora (geb. Baum) & Walter

Der spätere Offenburger Viehhändler Gustav Julius Levi wurde am 2. März 1886 in Altdorf in Baden geboren, seine Frau Flora, eine geborene Baum, am 20. August 1898 in Nonnenweier bei Lahr. Die beiden heirateten am 26. Mai 1921.

In den Adressbüchern von Offenburg tauchen Flora und Gustav Levi ein erstes Mal am 7.November 1922 auf. Laut Aussage Floras und ihrer Schwester war die Familie gut betucht, da sie schon in den 1930er Jahren ein Automobil besaßen. In der Zellerstraße 6 besaßen die Levis eine 5-Zimmer-Wohnung. Sie hatten ein Hausmädchen.

Bei dem Haus in der Zellerstraße handelte es sich nach 1939 um ein sogenanntes Judenhaus. In derartigen Einrichtungen sollten Juden „konzentriert“ werden, da ihren „arischen“ Mitbürgern von Staats wegen nicht zugemutet werden sollte, mit ihnen unter einem Dach zu leben. Darüber hinaus konnten die Juden durch die Ghettoisierung aus der Gesellschaft ausgegrenzt und besser überwacht werden.

Am 7. November 1925 kam ihr Sohn Walter zur Welt. Den beiden Levis muss recht schnell nach der Machtübertragung an die Nazis klar geworden sein, dass für sie ein weiteres Verbleiben in Deutschland nicht möglich sein würde. Die Geschäfte des Viehhändlers liefen immer schlechter und es war nur eine Frage der Zeit, wann ihnen das Geld ausgehen würde. Tatsächlich musste er zum 1. Januar 1937 sein Geschäft aufgeben, doch gelang es der Familie im März 1938, über Holland in die USA auszuwandern.

In New York, ihrer neuen Heimat, besuchte ihr Sohn die High School und kehrte, während er ab 1944 seinen Wehrdienst unter General Patton als GI ableistete, nach Deutschland zurück.  Vater Gustav Julius brachte die Familie in den USA als Hausierer und Packer mühsam über die Runden, war schließlich ab 1946 nicht mehr arbeitsfähig und verstarb 1948 an einem Nervenleiden. Ob seine Krankheit als Spätfolge der Nazi-Verfolgung anzusehen ist, lässt sich leider nicht mehr ermitteln.

Flora und ihr Sohn beantragten nach dem Krieg Entschädigungszahlungen für den Ausbildungsschaden, den der Sohn erlitten hatte und für die Beschränkung des Betriebes, den der Ehemann geführt hatte. Nur für den letztgenannten Schaden erhielt Flora Levi eine Einmalzahlung. Wann sie gestorben ist, entzieht sich leider unserer Kenntnis. Von ihrem Sohn wissen wir, dass er als internationaler Kaufmann unter anderem in Italien, Japan und Mexico tätig war. Er starb am 15. Juli 2013.

Jana Schwab
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2017/18

Weil, Elsa (geb. Westheimer)

Elsa wurde am 24. August 1882 in Bayreuth als Tochter des Kaufmanns Arnold Westheimer und seiner Frau Hannchen geboren. Sie hatte einen Bruder namens Max. Elsa heiratete den Schmieheimer Kaufmann Louis Weil, der in Offenburg eine Weingroßhandlung betrieb. Das Paar bekam am 13. Juli 1905 mit Sohn Stefan ihr einziges Kind.

Ab 1932 wohnten die Weils in der Straßburgerstraße 3 in Offenburg. Vor Januar 1933 lebte die Familie in wirtschaftlich gesicherten Verhältnissen. Schon kurze Zeit nach der „Machtübernahme“ der Nazis ging es mit der Firma des Ehemanns jedoch stark bergab, da der jüdische Weinhändler in der Kleinstadt Offenburg sehr bekannt war und die antisemitische Propaganda der Nazis ihre Wirkung entfaltete.

Als Louis im Februar 1935 eines natürlichen Todes starb, übernahm Elsa für kurze Zeit selbst den Betrieb, verkaufte die Firma allerdings schon im Herbst desselben Jahres. Auch musste sie sich in Freiburg einer Magenoperation unterziehen, von der sie sich aber schnell erholte. Nach dem Tod ihres Ehemanns und der Aufgabe der Firma hatte Elsa große Geldprobleme, da sich ihr Sohn in der Heil- und Pflegeanstalt Illenau befand und sie für seine Aufenthaltskosten monatlich einen Betrag von 100 Reichsmark zahlen musste. Elsa war also auf finanzielle Unterstützung, welche sie von ihrem Bruder Max bekam, angewiesen.

Im Mai 1939, inzwischen in Finanznot, musste Elsa ihr Grundstück samt Haus verkaufen. Sie bekam dafür lediglich 27 000 Reichsmark, was nicht im Geringsten dem wahren Wert des Grundstücks entsprach.

Am 22. Oktober 1940 wurden Elsa und ihre damals 83-jährige Mutter Hannchen verhaftet und zusammen mit allen badischen Juden in das berüchtigte Camp de Gurs nach Südfrankreich deportiert. Sie mussten ihr ganzes Eigentum zurücklassen, auch durften sie keine Familienangehörige über die Verhaftung informieren. Für den Notfall hatte Elsa rund 5000 Mark in ihrem Handkoffer versteckt. Das Geld wurde jedoch von einem der Nazimänner entdeckt, der es ihnen mit dem Kommentar: „Ihr Saujuden stinkt ja vor Geld“ abnahm.

1941 wurde Elsa von Gurs in ein weiteres Pyrenäenlager, nach Récébédou, gebracht. Im selben Jahr am 27. Mai töteten die Nazis ihren Sohn Stefan im polnischen Ghetto Cholm, wohin er von der Illenau transportiert worden war. Elsa hingegen wurde von Récébédou 1942 in das Camp de Noé in der Nähe von Toulouse im Département Haute-Garonne gebracht, wo sie sich bis zum Jahre 1943 befand. Dort starb ihre alte Mutter. Während der Lagerhaft brach bei Elsa durch die schlechte Ernährung und die menschenunwürdige Unterbringung das alte Magenleiden wieder auf. Deshalb wurde sie in ein Hospiz in St. Rambert sur Loire und von da in das Hotel Terminus in Béziers überstellt, wo sie das Kriegsende erlebte. Bis zu ihrem Tod war Elsa durch Verfolgung und Haft traumatisiert und hatte neben ihrem Magenleiden Depressionen und andere psychische Störungen.

1946 wanderte sie in die USA zu ihrem Bruder Max aus, der in seiner neuen Heimat seinen Namen von „Westheimer“ in „West“ verkürzt hatte. Er beschrieb seine Schwester, als er sie nach Jahren wiedersah, als „körperlich und seelisch gebrochene, abgemagerte und abgehärmte Frau“.

Seit den frühen 1950er Jahren versuchte Elsa für die lange Haftzeit und für ihr verlorenes Vermögen von der Bundesrepublik Deutschland eine Entschädigung zu bekommen. Schließlich erhielt sie eine kleine Rente und mehrere Einmalzahlungen, allerdings keine Wiedergutmachung für die von den Nazis ruinierte Firma ihres Mannes.

Chiara Merkel
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2017/18

Bloch, Hans/Henry

Hans Bloch wurde am 01.07.1917 in Mannheim geboren. Seine Eltern waren Isidor Bloch (1878-1966) und Elsa Franziska Bloch, geborene Hirsch (1890-1971).  

Ab dem 20.01.1919 war die Familie in Offenburg gemeldet, wo sie in der Friedrichsstraße 7 wohnte und 1928 in die Augustastraße 3 umzog. Im Jahre 1920 wurde Hans´ Bruder Werner Bloch geboren. Hans besuchte ab dem 10.04.1923 die Volksschule und trat am 02.05.1927 in die Oberrealschule in Offenburg (heutiges Schillergymnasium) ein, die er am 08.04.1933 mit der Beendigung der Untersekunda verließ. Eigentlich wollte Hans später studieren, wäre aber als Jude nicht an der Universität zugelassen worden, weshalb er auch die Schule nicht weiterbesuchte. Stattdessen wurde er Lehrling in der Essig- und Weinfabrik seines Vaters und besuchte gleichzeitig die Handelschule vom 02.05.1933-21.03.1935, an welcher er am 19.06.1935 die kaufmännische Gehilfenprüfung absolvierte. Sein Bruder erinnerte sich später daran, dass Hans im Jahre 1935 für eine Woche ins Gefängnis musste, weil er sich mit einem nicht-jüdischen Mädchen verabredet hatte. Im gleichen Jahr musste ihr Vater Isidor seine Essigfabrik aufgeben und somit musste auch Hans seine praktische Ausbildung in der Fabrik abbrechen. Die Gründe hierfür waren die antijüdischen Regelungen der Nationalsozialisten, die das Leben der Juden auf drastische Weise einschränkten. Um weiterhin das Einkommen und damit die Versorgung der Familie zu sichern, eröffnete Hans´ Mutter Elsa Bloch am 15.07.1936 das jüdische „Café Restaurant Bloch“ in einem Teil ihrer Wohnung. Außerdem diente dieses Café als Treffpunkt für viele jüdische Offenburger, denen der Zutritt zu nichtjüdischen Gaststätten verboten war.

In einem Brief der Mutter an Verwandte in Amerika schilderte sie 1935 die derzeitige Situation ihrer Söhne und die zwingende Notwendigkeit einer Auswanderung in die USA, um dort eine „Verwendung für ihre Fähigkeiten“ zu haben. Darin beschrieb sie ihre Söhne als fleißig, gesund und aufrichtig. Die Familie entschied sich für eine Auswanderung nach Pittsburgh, da dort Verwandte lebten.

Hans und Werner Bloch wanderten am 19.07.1936 in die USA aus. Sie fuhren zuerst nach Paris, von wo aus ihr Onkel sie nach Cherbourg brachte und sie von dort mit dem Schiff nach New York reisten. Dort kamen sie schließlich am 07.09.1936 an. Von dort reisten sie dann weiter nach Pittsburgh zu ihren Verwandten. Ihre Eltern wanderten erst knapp ein Jahr später in die USA aus, da sie noch Schulden wegen der früheren Essigfabrik hatten und erst noch eine Auswanderungsgenehmigung benötigten. Für die Begleichung der Schulden kamen Verwandte auf und so konnten schließlich auch Isidor und Elsa Bloch im April 1937 nach Pittsburgh auswandern.

Hans wechselte mit dem Erhalt der amerikanischen Staatsbürgerschaft seinen Namen zu Henry, um sich so schneller in der neuen Heimat integrieren und einfinden zu können. Auch sein Bruder Werner nannte sich ab jetzt Warren. In einem Brief kurz nach der Ankunft schrieb Henry, dass sie sehr zufrieden in Amerika seien und sich über nichts zu beklagen hätten. Anhand des Briefwechsels merkt man aber auch, dass es schwer war, sich in einem neuen Heimatland zurechtzufinden und eine neue Existenz aufbauen zu müssen.

Henry besuchte in Amerika etwa ein halbes Jahr eine Schule und begann dann, als Verkäufer zu arbeiten, um so auch seine Eltern finanziell unterstützen zu können. 

Henry war in der Zeit des Zweiten Weltkrieges mehrere Jahre beim Militär tätig und am Panamakanal stationiert. Während der Zeit beim Militär heiratete Henry am 01.01.  1942 seine Frau Gerda Rose, welche auch aus Deutschland kam und Jüdin war.  Durch einen Transport jüdischer Kinder war sie mit 15 Jahren in die USA gelangt. Der Rest der Familie von Gerda Rose Bloch wanderte nach Palästina aus.

Henry und Gerda Rose hielten ihre Hochzeit für eine Weile geheim, da Gerda Rose zu dieser Zeit noch zur Schule ging und sonst von der Schule geflogen wäre. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Das erste Kind, Carol, wurde 1949 geboren und das zweite Kind, Garry, kam 1953 auf die Welt.  

Klara Panther
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2012/13

Ebstein, Elias & Friederike

Als Kinder von Ida und Ismar Ebstein wuchsen die Geschwister zuerst in Wildbad und dann in Offenburg auf. Geboren wurden jedoch beide in Offenburg. Am 2. Oktober 1910 kam hier Friederike zur Welt, am 19. Februar 1916 Elias.

Nach Ende der gymnasialen Schulzeit machte Friederike eine Banklehre und arbeitete dann als Angestellte bei der Deutschen Bank. Anschließend, angesichts der immer feindseligeren Stimmung gegen Juden in Deutschland, wanderte sie im März 1935 nach Palästina aus, wo sie ihren Namen ins hebräische „Rii’ka“ änderte. Dort heiratete sie Kurt Josef Schiff und lebte in Herzlia. Während ihrer Ehe verdiente sie als Haushälterin dazu, später war sie als Verkäuferin tätig.

Ihr Bruder Elias begann ab 1932 eine Lehre zum Elektromechaniker. Eigentlich wollte er danach ein Studium an einer technischen Hochschule beginnen, doch wurde Juden ab Juli 1935 das Studieren verboten. So arbeitete er noch ein Jahr bei der Firma in Offenburg, bei der er seine Lehre gemacht hatte.

1937 folgte er seiner Schwester nach Palästina, wo er seinen Namen in „Elijahu“ änderte. Im Dezember 1938 heiratete er Margarete Mirjam Scharf. Zusammen hatten sie eine Tochter namens Edma. In Palästina arbeitete er als Techniker erst für die englische Militärverwaltung und später für die Firma Ohm in Haifa. Wegen der Verhinderung eines Studiums durch die Nazis wurde ihm nach 1945 eine Entschädigung von 11000 DM zugesprochen.

Noch 1999 lebte er in Kiriat Bialik in der Nähe von Haifa.

Jule Frenk & Karolin Scheiding
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2017/18

Grombacher, Charlotte

Charlotte Sophie Grombacher wurde am 27. Mai 1907 in Worms am Rhein geboren. Ihr Vater Süßmann, genannt Siegmund, war Kaufmann. 1899 kam der gebürtige Straßburger nach Worms und gründete dort die Firma „S. Grombacher, Eisen- und Metallwaren“. Charlottes Mutter Wilhelmine, geborene Lehr, war Hausfrau. Charlotte hatte noch eine jüngere Schwester, die am 1. Februar 1913 geborene Ruth Rose. Vater Siegmund Grombacher leistete von 1915-1918 Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg.

Wegen der schlechten Quellenlage lässt sich über die Kinderjahre Charlottes in Worms nichts berichten. Das Nächste, was wir von ihr wissen ist, dass sie einen Umzug von Straßburg nach Offenburg im Jahre 1920 gemacht hat. Warum und wann die Dreizehnjährige zuvor nach Straßburg gekommen war, lässt sich nicht ergründen. Nach ihrer Ankunft lebte und arbeitete sie jedenfalls als Hausmädchen bei dem Kaufmann Emil Grumbacher in der Weingartenstraße 8. Laut Adressbuch handelte dieser mit Bedarfsartikeln für Metzgereien und Wurstfabriken und war als Maschinengroßhändler tätig. Weniger als einen Monat später wohnte sie in der Gaswerkstraße 8, zweieinhalb Jahre später erneut in der Weingartenstraße 8.

Sie verließ Offenburg am 1. April 1926 und ging zurück nach Worms. Zwölf Jahre später zog sie nach Böchingen in der Pfalz. Charlotte kehrte nochmals nach Offenburg in die Weingartenstraße 8 zurück, bevor sie am 5. September 1939 nach Stuttgart ging.

Die Eltern Grombacher zogen nach dem Weggang ihrer Töchter wahrscheinlich aus finanziellen Gründen, da es Siegmund als Jude verboten war, weiterhin sein Geschäft zu führen, 1937 zunächst in eine kleinere Wohnung, kurze Zeit später ab  April desselben Jahres in ein jüdisches Altersheim. Am 27. September 1942 wurde das Ehepaar in das KZ Theresienstadt deportiert. Wilhelmine starb dort am 4. Dezember 1942, Siegmund am 5. Februar 1943.

Während Schwester Ruth Glück hatte, nach Südafrika entkommen und ab 1940 in Johannesburg leben zu können, fiel Charlotte wie die Eltern den Nazimördern in die Hände: Am 1. Dezember 1942 wurde sie in eines der vielen KZs bei Riga deportiert und dort umgebracht.

Sophie Bredow
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2016/17

Doerntlein, Margot (geb. Kramer)

Margot Doerntlein, geborene Kramer, wurde am 09. November 1926 in Mannheim geboren. Sie war die einzige Tochter von Ilse Kramer, geborene Cahn am 23.02.1905, und Hans Kramer. Die Ehe der Eltern war nur von kurzer Dauer. Sie hielt vom 17.05.1926 bis zur Scheidung am 17.01.1930. Von Margots Vater verliert sich jede Spur, da er nach der Scheidung nach Mannheim zurückging, während Margot mit Ihrer Mutter um 1928 nach Offenburg zog und dort blieb.
Ilse war bei der Hochzeit mit Hans, einem Angehörigen der evangelischen Religionsgemeinschaft, im dritten Monat schwanger. Margot wuchs größtenteils bei Ihren Großeltern, den Eheleuten Isidor und Johanna Cahn, in Offenburg auf. Frau Cahn war Inhaberin des „Schuhhaus Adler“ in der Hauptstraße.
Margots Mutter arbeitete ebenfalls im Schuhhaus mit, wechselte später recht häufig den Wohnort, entschied sich dann aber am 02.12.1936, nach Stuttgart zu ziehen. Die häufigen Umzüge erklären sich dadurch, dass die Familie am 14.02.1936 ihr Geschäft durch die Folgen der Boykottmaßnahmen unter Zwang verkaufen musste. Sie kam in den Jahren zwischen 1936 und 1939 immer wieder für einen kurzen Zeitraum nach Offenburg zurück. Am 09.10.1939 trat sie in Stuttgart eine Stelle als Hausgehilfin an. Ilse sah ihre Tochter und ihre Mutter nie wieder, denn sie wurde am 22.10.1940 von Stuttgart nach Theresienstadt deportiert, am 01.12.1940 nach Riga, wo sie später als verschollen gemeldet wurde.

Margot besuchte zuerst die Klosterschule in Offenburg (1933- 1938), wechselte später, am 20.04.1940, zusammen mit den Kindern der Familie Cohn auf die einzige jüdische Schule der Region, nach Freiburg. Um den starken Bombardierungen Freiburgs zu entfliehen, zog Sie nach Stuttgart, drei Monate später wieder zurück nach Freiburg. Am 22.10.1940 hielt sich Margot einige Tage bei ihrer Großmutter auf und wurde zusammen mit den Offenburger Juden nach Gurs deportiert.

In Gurs lebte sie mit Ihrer Großmutter und einigen anderen Frauen zusammen, bis sie nach Rivesaltes gebracht wurden. Befreit wurde Margot mit drei oder vier anderen Kindern von jungen französischen Widerstandskämpfern. Sie ging auf Anraten Ihrer Großmutter mit. Diese kam dort am 05.07.1943 ums Leben.

Die Gruppe von Kindern marschierte zu einem Nonnenkloster bei Tulle, tags versteckten sie sich bei Bauern.
Im Kloster bei den Nonnen ging es den Kindern und Jugendlichen gut, sie bekamen zu essen, mussten aber im Kloster mitarbeiten. Einige Zeit später wurden die Jugendlichen auf Bauernhöfe im Umland verteilt. Dort ging es Margot nicht gut. Sie kam bei einem Pariser Lehrerehepaar, welches aufs Land geflüchtet war, unter. Dort musste sie hart arbeiten und bekam fast nichts zu Essen.
 
Mit 15 Jahren schließlich wurde sie von einem Mann nach Paris mitgenommen. Dort machte sie sich nach der Befreiung auf die Suche nach Verwandten und fand einen Familienangehörigen in den Vereinigten Staaten. Durch Spendengelder gelangte sie dort hin, Spendengelder ermöglichten auch einen einjährigen Krankenhausaufenthalt, bei welchem Ihre langjährige Unterernährung behandelt wurde.
 
Margot kam immer wieder für kürzere Aufenthalte aus den USA zurück. Bei einem Aufenthalt lernte Sie Luther Doerntlein, einen bayrischen Handwerker, kennen und lieben. 1954 wanderten die beiden zusammen mit Ihrem einjährigen Sohn Helmut mit einem Schiff über Mannheim nach Kanada aus, wo damals Handwerker gesucht wurden.
 
1958 wurde Susan Doerntlein geboren, 1964 folgte Sohn Stephen William Doerntlein, beide in Toronto.
Später besuchte Margot Doerntlein zweimal Offenburg, zum letzten Mal 1995.
Trotz ihres Schicksals, trotz ihrer vielen Erinnerungen konnte Margot zurückkommen und „sich erinnern“. Margots Tochter, Susan, bezeichnete sie in einen Brief an mich als eine wundervolle Frau.

Anne Rothärmel
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2005