Doerntlein, Margot (geb. Kramer)

Margot Doerntlein, geborene Kramer, wurde am 09. November 1926 in Mannheim geboren. Sie war die einzige Tochter von Ilse Kramer, geborene Cahn am 23.02.1905, und Hans Kramer. Die Ehe der Eltern war nur von kurzer Dauer. Sie hielt vom 17.05.1926 bis zur Scheidung am 17.01.1930. Von Margots Vater verliert sich jede Spur, da er nach der Scheidung nach Mannheim zurückging, während Margot mit Ihrer Mutter um 1928 nach Offenburg zog und dort blieb.
Ilse war bei der Hochzeit mit Hans, einem Angehörigen der evangelischen Religionsgemeinschaft, im dritten Monat schwanger. Margot wuchs größtenteils bei Ihren Großeltern, den Eheleuten Isidor und Johanna Cahn, in Offenburg auf. Frau Cahn war Inhaberin des „Schuhhaus Adler“ in der Hauptstraße.
Margots Mutter arbeitete ebenfalls im Schuhhaus mit, wechselte später recht häufig den Wohnort, entschied sich dann aber am 02.12.1936, nach Stuttgart zu ziehen. Die häufigen Umzüge erklären sich dadurch, dass die Familie am 14.02.1936 ihr Geschäft durch die Folgen der Boykottmaßnahmen unter Zwang verkaufen musste. Sie kam in den Jahren zwischen 1936 und 1939 immer wieder für einen kurzen Zeitraum nach Offenburg zurück. Am 09.10.1939 trat sie in Stuttgart eine Stelle als Hausgehilfin an. Ilse sah ihre Tochter und ihre Mutter nie wieder, denn sie wurde am 22.10.1940 von Stuttgart nach Theresienstadt deportiert, am 01.12.1940 nach Riga, wo sie später als verschollen gemeldet wurde.

Margot besuchte zuerst die Klosterschule in Offenburg (1933- 1938), wechselte später, am 20.04.1940, zusammen mit den Kindern der Familie Cohn auf die einzige jüdische Schule der Region, nach Freiburg. Um den starken Bombardierungen Freiburgs zu entfliehen, zog Sie nach Stuttgart, drei Monate später wieder zurück nach Freiburg. Am 22.10.1940 hielt sich Margot einige Tage bei ihrer Großmutter auf und wurde zusammen mit den Offenburger Juden nach Gurs deportiert.

In Gurs lebte sie mit Ihrer Großmutter und einigen anderen Frauen zusammen, bis sie nach Rivesaltes gebracht wurden. Befreit wurde Margot mit drei oder vier anderen Kindern von jungen französischen Widerstandskämpfern. Sie ging auf Anraten Ihrer Großmutter mit. Diese kam dort am 05.07.1943 ums Leben.

Die Gruppe von Kindern marschierte zu einem Nonnenkloster bei Tulle, tags versteckten sie sich bei Bauern.
Im Kloster bei den Nonnen ging es den Kindern und Jugendlichen gut, sie bekamen zu essen, mussten aber im Kloster mitarbeiten. Einige Zeit später wurden die Jugendlichen auf Bauernhöfe im Umland verteilt. Dort ging es Margot nicht gut. Sie kam bei einem Pariser Lehrerehepaar, welches aufs Land geflüchtet war, unter. Dort musste sie hart arbeiten und bekam fast nichts zu Essen.
 
Mit 15 Jahren schließlich wurde sie von einem Mann nach Paris mitgenommen. Dort machte sie sich nach der Befreiung auf die Suche nach Verwandten und fand einen Familienangehörigen in den Vereinigten Staaten. Durch Spendengelder gelangte sie dort hin, Spendengelder ermöglichten auch einen einjährigen Krankenhausaufenthalt, bei welchem Ihre langjährige Unterernährung behandelt wurde.
 
Margot kam immer wieder für kürzere Aufenthalte aus den USA zurück. Bei einem Aufenthalt lernte Sie Luther Doerntlein, einen bayrischen Handwerker, kennen und lieben. 1954 wanderten die beiden zusammen mit Ihrem einjährigen Sohn Helmut mit einem Schiff über Mannheim nach Kanada aus, wo damals Handwerker gesucht wurden.
 
1958 wurde Susan Doerntlein geboren, 1964 folgte Sohn Stephen William Doerntlein, beide in Toronto.
Später besuchte Margot Doerntlein zweimal Offenburg, zum letzten Mal 1995.
Trotz ihres Schicksals, trotz ihrer vielen Erinnerungen konnte Margot zurückkommen und „sich erinnern“. Margots Tochter, Susan, bezeichnete sie in einen Brief an mich als eine wundervolle Frau.

Anne Rothärmel
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2005

Print Friendly, PDF & Email