Haberer, Gustav & Ruth (geb. Strauss)

Foto: Staatsarchiv FreiburgRuth Haberer wurde am 22. März 1909 in Bergen-Enkheim geboren. Die Tochter von Julius Strauss, dem Inhaber eines Manufakturgeschäfts, und seiner Frau Tilla wuchs wohlbehütet auf. Nach der Heirat am 18. Juli 1929 in ihrem Geburtsort mit Gustav Haberer, einem 1897 in Friesenheim geborenen Handelsvertreter, zog das junge Paar im selben Jahr noch nach Offenburg. Zunächst wohnten sie in der  Ortenbergerstraße 28. Ruth gebar zwei Kinder: im Dezember 1932 Renate Bertha und im November 1937 ihre zweite Tochter Ellen Elisabeth.
 
Am 1. April 1938 musste die Familie in die Zellerstraße 8 umziehen, in eines der sogenannten Judenhäuser Offenburgs. Nach der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November wurde Gustav Haberer im KZ Dachau inhaftiert, wo ihn die Aufseher so misshandelten, dass er nach kurzer Zeit nach Hause zurückkehren durfte.
 
Foto: Staatsarchiv FreiburgAm 22. Oktober 1940 wurde Ruth mit ihrer Familie nach Gurs deportiert. Dort mussten sie bis März 1941 bleiben und kamen anschließend bis Ende 1942 ins Lager Rivesaltes. Danach wurden sie erneut bis Februar 1943 in Gurs gefangen gehalten. Bereits während des ersten Gurs-Aufenthalts gelang es den Eheleuten Haberer, über die Hilfsorganisation OSE ihre beiden Töchter aus dem Lager zu bekommen und in Kinderheimen unterzubringen, wenn auch zunächst in unterschiedlichen Heimen. Während seiner Inhafterung setzte sich Gustav Haberer unermüdlich für bessere Lebensbedingungen im Lager ein. So wurde die Resistance, die französische Widerstandsbewegung, auf ihn aufmerksam und forderte ihn zur Mitarbeit auf. So half er z.B., politische Häftlinge in großen Suppentöpfen aus dem Lager zu schmuggeln. Dank seiner Mitarbeit erhielt Gustav Haberer den Tipp, dass seine Deportation und die seiner Frau nach Auschwitz bevorstehen würde. Es gelang den beiden, aus Gurs zu entkommen und im Château du Begué, einer Art Auffanglager für geflüchtete Juden, unterzutauchen. Im Schloss herrschte relative Freiheit, da es nicht unter der Aufsicht der SS oder der Gestapo stand. So konnten Arbeitswillige bei den Bauern in der Umgebung in der Landwirtschaft helfen. Diese Chance nutzte  Gustav Haberer. Als aber klar wurde, dass es auch vom Schloss aus Deportationen in die Konzentrationslager im Osten geben würde, beschloss das Ehepaar Ende 1944 unterzutauchen. Unter unmenschlichen Bedingungen gelang es ihnen, in den Wäldern der Umgebung bis zur Ankunft der Alliierten zu überleben.
 
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs kehrten auch die Kinder Renate und Ellen zur Familie in Frankreich zurück. 1946 entschlossen sich die Haberers zur Auswanderung in die USA und ließen sich in Chicago nieder. Ellen besuchte die West Philadelphia School und begann eine Ausbildung zur Sekretärin. Schließlich erhielt sie eine Anstellung in der Hospizverwaltung von Berekley. Am 27. Dezember 1947 heiratete sie in Illinois, gab ihren Beruf auf und wurde Mutter und Hausfrau.
 
Bis zu ihrem Tod am 8. Juni 1952 lebte Ruth Haberer mit ihrem Mann Gustav in Chicago, der ebenfalls dort im Jahr 1960 verstarb.

 
Helena Bahr
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2014/15

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