Geismar, Judith (geb. Beck)

Foto: Staatsarchiv FreiburgJudith Geismar wurde als Judith Beck am 22. Februar 1877 in Lörrach geboren. Der Familienname Beck lässt sich bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen, und die Becks gehörten zu den drei ältesten jüdischen Familien in Lörrach. Judiths Eltern waren Daniel Beck und Auguste Wertheimer. Insgesamt hatte Judith neun Geschwister, davon sechs Halbgeschwister.

Mit Mitte zwanzig verließ Judith ihre Heimat und zog ins Elsass wie viele ihrer Verwandten zuvor. Seit dem 1. Mai 1907 lebte sie gemeinsam mit dem Metzgermeister Siegfried Geismar, den sie im Februar 1908 heiratete, in der Offenburger Lange Straße 3. Dort gebar Judith ihre ersten zwei Kinder: im Januar 1909 Erna Alice, später verheiratete Reutlinger, ein Jahr darauf Bella Magarete, später verheiratete Wolf. Mit ihren zwei kleinen Töchtern zogen die Geismars um und wohnten ab dem 28. Oktober 1910 in der Kirchstraße 4. Zwei Jahre später wurde Hedwig Adele, die in die bekannte Offenburger Familie Valfer einheiraten sollte, geboren. Das vierte Kind Norbert Helmut kam im Oktober 1916 auf die Welt. Aus Interviews mit ihren Töchtern Erna und Hedwig geht hervor, dass die Kinder Judith und Siegfried Geismar als sehr junge Eltern erlebten, die sich große Mühe gaben, ihre Sprösslinge zwar orthodox, aber doch sehr frei zu erziehen.

Judith war hauptberuflich Hausfrau und Mutter und half ihrem Mann in der eigenen Metzgerei, die er in der Kreuzkirchstraße eröffnete. Nicht nur durch die gute Ware, die sie den Kunden in ihrem Geschäft anboten, waren die Geismars bei den Offenburger Bürgern sehr geschätzt. Trotz ihres orthodoxen jüdischen Glaubens hielt Siegfried seine Metzgerei für die christliche Kundschaft auch samstags geöffnet. Schon kurze Zeit nach dem von den Nazis inszenierten Boykott jüdischer Geschäfte waren die Geismars gezwungen, ihren Laden zu schließen, da der Umsatz ins Bodenlose gefallen war.

Nach der Schließung ihres Geschäftes beantragten die Eheleute  im Mai 1937 Reisepässe, da sich die Lage für die Juden dramatisch verschlechterte und die Familie Deutschland verlassen wollte. Am 1. Juni 1937 wurden die Reisepässe zunächst ausgehändigt, wenig später jedoch wieder eingezogen mit der offiziellen Begründung, ein Kredit sei noch nicht zurückgezahlt. Da sich das Verfahren um die Reisepässe hinzog, beschlossen Siegfried und Judith wenigstens ihre Kinder fortzuschicken. Sie selbst mussten im Mai 1938 in eines der so genannten Judenhäuser in der Gaswerkstraße 17 umziehen. Am berüchtigten 22. Oktober 1940 wurde das Ehepaar nach Gurs deportiert. Knapp zwei Jahre später verlegten die Nazis sie am 25. Januar 1942 in das Lager Récébédou und am 2. Oktober 1942 in das von Noé. Dort trennten sich die Wege beiden Eheleute für immer: Siegfried wurde in das Konzentrationslager Majdanek deportiert und kam dort um. Wie durch ein Wunder konnte Judith überleben: Sie deportierte man am 17. August 1943 nach Lons-le-Saunier, wo sie das Kriegsende erlebte. Nach ihrer Befreiung wanderte sie zu ihren Kindern in die USA aus und lebte dort bei ihrem jüngsten Kind Sohn Norbert in New York. Dort starb sie am 12. August 1948 in einem Krankenhaus im Beisein ihrer zwei Kinder Norbert und Alice. Ihre Todesursache ist unbekannt.      
 

Johanna Bühler
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2014/15

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