Siegfried Ucko wurde am 7. November 1905 in Gleiwitz geboren. Er lernte dank großer Opfer seiner Eltern am staatlich-katholischen Gymnasium in Gleiwitz und trat im Alter von 12 Jahren der zionistischen Bewegung „Blau-Weiß-Gruppe“ bei. Die zionistische Denkweise, die er dort kennenlernte, prägte sein gesamtes späteres Leben.
Nach Beendigung des Gymnasiums studierte Ucko unter anderem in Berlin, Breslau und Königsberg Philosophie, Pädagogik und Kunstgeschichte. In Berlin war er Schüler Leo Baecks und Julius Guttmanns. 1927 – im Alter von 22 Jahren – erhielt er den Doktortitel in Königsberg. Nach dessen Erhalt nahm er 1928/29 an einer Fortbildung an der jüdischen Universität in Jerusalem teil. Von der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin erhielt er den Rabbiner-Titel verliehen.
Im Jahre 1929 wurde er zum akademischen Religionslehrer ernannt und kam als Jugendrabbiner nach Mannheim. 1932 wurde ihm aber dort gekündigt, da befürchtet wurde, dass er mit seiner zionistischen Einstellung schlechten Einfluss auf die Jugend habe.
Auf der Suche nach einer neuen Stelle wurde Ucko in Offenburg fündig und zog am 1932 zusammen mit seiner Frau Ruth, geborene Loew, nach Offenburg und wohnte (dann) ab dem 1. August in der Grimmelshausenstraße 20. Als Bezirksrabbiner war er für 27 Kleingemeinden verantwortlich und dies stellte wahrlich keine einfache Aufgabe dar, da es sich um eine weit verzweigte, vielgestaltige und vielschichtige Gemeinde handelte.
Dr. Siegfried Ucko brachte durch seine menschennahe Art frischen Wind in die Gemeinde, was wahrscheinlich auch an seinem jungen Alter (27 Jahre) lag. Sein Hauptaugenmerk lag auf der Jugend, die ihm schon immer ein wichtiges Anliegen war. Deshalb gründete er im Schwarzwald auch eine Jugendherberge als Erholungsstätte für die Jugend seiner Gemeinde.
Außerdem gründete er zusammen mit dem Friesenheimer Tierarzt Dr. Dreyfuss ein landwirtschaftliches Vorbereitungslager in Diersburg für die männliche jüdische Jugend. Das Lager sollte als Vorbereitung für ein neues Leben in Palästina dienen.
Ucko hatte auch immer ein offenes Ohr für seine Gemeinde und fand in dieser Zeit, in der Juden das Selbstbewusstsein geraubt werden sollte, aufrichtende Worte und stand seinen Gemeindemitgliedern bei. Er war für alle eine starke seelische Stütze und ermutigte sie (auch) dazu, trotz dieser Einflüsse von außen, ihren Glauben nicht zu verlieren.
1935 verließ Ucko zusammen mit seiner Frau und seiner neugeborenen Tochter Elisabeth Offenburg, um sich seinen Traum, nach Palästina auszuwandern, zu ermöglichen. Gleichzeitig vergaß er aber auch hierbei seine Aufgabe nicht: Er schaffte es, alle Jugendlichen seines Vorbereitungslagers nach Palästina zu holen und sie somit vor den Nationalsozialisten und dem Krieg in ihrem Heimatland zu schützen.
In Palästina war Ucko 11 Jahre lang im Rahmen der Jugend-Alijah (=Auswanderung der jungen Juden nach Palästina) tätig und leitete in dieser Zeit unter anderem zwei Kinderheime. Auch hier versuchte Ucko, sein Prinzip der Verbindung des jüdischen Glaubens mit dem alltäglichen Leben zu verbinden und an die Kinder weiterzugeben.
1946 begann für Ucko ein neuer Berufsweg, denn in diesem Jahr wurde er als Lehrer für Pädagogik an ein Lehrerseminar in Tel Aviv berufen.
Fünf Jahre später (1951) wurde er zum Direktor des Lehrerseminars in Givath-Hashlosha ernannt. Während dieser Zeit, in der er das zuvor schlecht geführte Seminar auf Vordermann brachte, wurde er zudem Teilzeit-Lehrer für Pädagogik an der anerkannten Jerusalemer Universität und gründete außerdem ein Seminar für Sozialpädagogik.
Nach Gründung der Universität von Tel Aviv dozierte Ucko dort und wurde zusätzlich Inspektor für alle Lehrerseminare in Israel. Außerdem wurde er zum Leiter der Abteilung für Erziehungswissenschaften der Universität von Tel Aviv berufen.
Seine Arbeit wurde auch in Form von Preisen anerkannt: So erhielt er 1968 den “Jerusalem-Preis” und 1972 den “Preis für Erziehung” der Stadt Tel Aviv.
1967 starb Uckos Frau Ruth nach langer schwerer Krankheit und hinterließ ihren Mann mit ihren beiden Töchtern. Daraufhin trat Ucko immer mehr von seinen Aufgaben zurück.
Im Jahr 1969 heiratete Ucko erneut. Mit seiner aus Lahr stammenden zweiten Frau Ruth-Renate, geborene Ullmann, verband ihn eine besondere Geschichte: Ruth-Renate war eines der Kinder, das er aus Deutschland aus den Fängen des Nationalsozialismus retten konnte.Am 10. August 1976 starb Dr. Siegfried Ucko nach schwerer Krankheit in Palästina. Zu seinem Tod sagte der Tierarzt Dr. Dreyfuss: “Mit Uckos Abberufung hat jeder verloren.”
Rebekka Schneider
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2013/2014