Simon Wertheimer wurde am 23. Dezember 1867 in Durbach als Sohn von Ferdinand Wertheimer, welcher als Handelsmann tätig war, und Hannchen, geb. Levi, geboren. Die Familie zog später nach Ohlsbach in die Hindenburgerstraße 213 um. Schon früh lernte Simon seine spätere Frau Henriette Koch kennen, welche Nichtjüdin und zehn Jahre jünger war als er (geb. am 2.5.1877). Im Alter von 21 Jahren bekam sie am 10. April 1899 ihr einziges Kind William. Simon, der den Beruf des Kaufmannes erlernt hatte, arbeitete ab 1907 erfolgreich als „Erster Reisender für deutsche Geschäfte“ für die Firma „Vauen Vereinigte Pfeifenfabriken Adolf Eckert K.G.“.
Mitte 1935 erhielt er dennoch zusammen mit anderen jüdischen Arbeitern der Firma ein Entlassungsschreiben. Somit leistete Vauen den Anweisungen des nationalsozialistischen Staates Folge, alle jüdischen Mitarbeiter zu entlassen. Trotz fleißiger Bemühungen konnte Simon keine Arbeitsstelle mehr finden. Daraufhin zog er am 16. März 1936 zusammen mit seiner Familie von Ohlsbach nach Offenburg in die Gaswerkstraße 10 um, im November in die Lange Straße 56.
Simon Wertheimer wurde am 10. November 1938 zusammen mit allen anderen männlichen Juden aus Offenburg von der Gestapo festgenommen und in das Konzentrationslager Dachau verfrachtet. Dort wurde er für insgesamt 15 Tage bei winterlichen Temperaturen festgehalten.
Seine Frau Henriette Wertheimer begann 1940, die kranken und alten jüdischen Bürger im ganzen Amtsbezirk Offenburg zu betreuen und zu pflegen, Simon schloss sich ihr an. Die Familie zog im April 1940 in die Prädikaturstraße 6 um. Knapp ein Jahr später zogen sie in die nahe gelegene Okenstraße 3 um, in der sich die Familie sehr wohl fühlte.
Bei diesen beiden Häusern handelte es sich um sogenannte „Judenhäuser“, in die die Familie zwangsweise umziehen musste. Da Simon Wertheimer in einer „Mischehe“ lebte, was in der Nazisprache bedeutete, dass er mit einer Nichtjüdin verheiratet war, blieb ihm die Deportation aller badischen Juden am 22. Oktober 1940 nach Gurs erspart. Am 25. Mai 1944 erlag Henriette einer Erkrankung, da sie wegen ihrer Ehe mit einem jüdischen Mann nicht in das Krankenhaus aufgenommen wurde. Einen Tag zuvor noch musste die Familie auf Geheiß des Bürgermeisters erneut umziehen, in eine feuchte und kalte Wohnung im ehemaligen Synagogenkomplex in der Langen Straße 52. Ihnen wurde ein eichenes Büfett von der Offenburger Gestapo entwendet und gegen ihren Willen für einen deutlich unter dem Wert liegenden Preis verkauft.
1946 wanderte Simon zusammen mit seinem Sohn William nach Chicago in die USA aus. Ohne Einkommen schlugen sich die beiden durch und kamen schließlich am 1. Januar 1947 dort an. Die Familie schaffte es, finanziell wieder auf die Beine zu kommen, weil Simon von 1947 bis 1949 eine Arbeitsstelle bei einer Firma Hillman fand. 1951 zogen Vater und Sohn innerhalb Chicagos um.
Simon setzte nun alles daran, eine Entschädigung für das erlittene Unrecht zu erhalten. Er heuerte den Offenburger Anwalt Oskar Geck an, seine Anträge auf Wiedergutmachung wurden jedoch mehrfach von der Landesjustizverwaltung Baden-Württemberg abgelehnt. Erst am 13. Juli 1956 erhielt er eine einmalige Kapitalentschädigung in Höhe von 2691 DM und eine lebenslängliche Rente in Höhe von 100 DM im Monat, die er rückwirkend ab dem 1. November 1953 erhielt. Leider hatte Simon Wertheimer nicht mehr lange etwas von seiner hart errungenen Entschädigung, da er etwa drei Monate später, am 6. Oktober 1956 von einem Kraftwagen angefahren wurde und einige Stunden später im Krankenhaus seinen Verletzungen erlag. Dem einzigen Erben, seinem Sohn William Wertheimer, wurde das Geld zugesprochen.
Maximilian Weinreich
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), Winter 2012/13