Maier Simon, Margarete (geb. Maier)

Foto: Stadtarchiv OffenburgMargarete Maier wurde am 29. März 1914 als zweites Kind des Kaufmannes Jakob Maier und seiner Frau Fanny in Offenburg geboren. Ihr Bruder Hans war vier Jahre älter als sie. Margarete besuchte die Volksschule und danach die Oberrealschule, war aber gezwungen, sie ein Jahr vor dem Abitur abzubrechen. Sie ging dann nach Nancy, wo sie Französisch und Geschichte studierte. Das war ihr trotz des fehlenden Schulab-schlusses möglich, da sie keinen Abschluss an der Universität erreichen wollte. Sie plante, Sozialarbeiterin zu werden. Außerdem nahm sie Portugiesisch-Unterricht, da sie annahm, vielleicht nach Südamerika zu kommen. In einigen Ländern dort standen die Chancen für eine Auswanderung gut.
 
Zurück in Deutschland musste Margarete die Auswirkungen der Diskriminierung von Juden auch im privaten Umfeld erfahren: Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten sprachen ehemalige Mitschüler und sogar Freunde nicht mehr mit ihr, weil sie nicht mit Juden gesehen werden wollten. Das Herrenbekleidungsgeschäft ihrer Eltern in der Hauptstraße 69 wurde 1935 geschlossen, weil die Menschen nicht mehr bei Juden einkaufen wollten.
 
Als Margarete in Hamborn (Nordrhein-Westfahlen) Verwandte besuchte, lernte sie den neun Jahre älteren Zahnarzt Rudolph Simon, ebenfalls ein Jude, kennen. Sie verliebten sich ineinander und wollten im Februar 1938 heiraten. Als sich jedoch die Situation der Juden zuspitzte und Rudolph Auswanderungspapiere bekommen konnte, verließ er Deutschland und ging in die USA, wo er Papiere für Margarete besorgen wollte. Schließlich konnte sie ihm folgen. Sie kam nach Chicago und am 31. Oktober 1938 heirateten die beiden mit Fremden als Trauzeugen. Margarete nannte sich von nun an Margaret, ihr Mann verkürzte seinen Namen zu Rudy.
 
Das Leben in ihrer neuen Heimat war für Margaret und Rudy zunächst von vielen Umstellungen geprägt. Rudy musste seinen Beruf als Zahnarzt aufgeben, da er, um in den USA praktizieren zu dürfen, ein Zusatzstudium benötigt hätte. Das kam aber aus finanziellen Gründen nicht in Frage und beide nahmen verschiedenste Jobs an, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und auch Margarets Eltern in die USA holen zu können. Die Eltern hatten sogar schon Papiere, konnten die Reise aber niemals antreten. Im Oktober 1940 wurden sie nach Gurs deportiert, später nach Auschwitz, wo sie im Mai 1945 für tot erklärt wurden.
 
Rudy fand eine Anstellung als Verkäufer bei einem Stoffunternehmen, während Margaret nach der Geburt ihrer gemeinsamen Kinder Norman (1942) und Evelyn (1947) zunächst Hausfrau und Mutter war. Später arbeitete sie bei derselben Firma wie ihr Mann, allerdings in einer anderen Abteilung, die für das Design von Theaterkostümen zuständig war. Margaret konnte dort ihre Kreativität und ihr Talent zum Nähen einbringen.
 
Sie und ihr Mann lebten bis ins hohe Alter in Chicago. Rudy ist im Januar 2000 im Alter von 94 Jahren gestorben, Margaret starb am 6. September 2009 im Alter von 95 Jahren.
 
Ihre Tochter Evelyn beschreibt sie als eine sensible und fürsorgliche Frau, der ihre Religion sehr wichtig ist. Das hängt mit ihrer Erziehung zusammen, aber Evelyn sieht noch einen anderen Grund:
 
„Ich glaube, dass der jüdische Glaube meiner Mutter viel Trost spendet. Schließlich ist er eines der wenigen Dinge, die die Nazis ihr nicht wegnehmen konnten. Ihre Eltern und andere Familienmitglieder waren fort. Die ganze Welt, wie sie sie gekannt hatte, war fort. Aber ich glaube, sie hatte das Gefühl, dass Gott und ihre Religion ihr Trost und Vertrautheit brachten, in einer Welt, die aus den Fugen geraten war.“
 
Was sie in Deutschland, in Offenburg, erlebt hat, konnte Margaret für den Rest ihres Lebens nicht vergessen. Auch ihr Alltag ist davon beeinflusst. Aber sie ist eines der Beispiele für Menschen, die den Holocaust überlebt und ein neues Leben angefangen haben; mit Mut, harter Arbeit, Durchhaltevermögen und nicht zuletzt Vertrauen in Gott.

 
Dunja Rühl
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2006/07

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