Ruth Meyer wurde am 11.12.1913 in Großsteinheim, Hessen geboren. Sie war die Tochter von August Meyer und Marie Meyer, geb. Lion. 1920 zog die Familie von Ettenheim, der Geburtsstadt ihrer Mutter, nach Offenburg, wo sie mehrmals umzogen.
Ihr Vater führte in Offenburg ein Glas- und Porzellanwarengeschäft, in dem ihre Mutter aushalf. Im Alter von zwei Jahren, am 7.09.1915 bekam Ruth einen Bruder namens Walter Max. Sie und ihre Familie waren jüdisch. Ihre Kindheit verbrachte Ruth in Ettenheim und Offenburg, hier absolvierte sie an der Mädchen-Realschule die Mittlere Reife. Sie besuchte in den Jahren 1930 bis 1931 die Höhere Handelsschule in Karlsruhe und machte dort eine Ausbildung zur Auslandskorrespondentin. Mit diesem Abschluss arbeitete sie als Bankbeamtin bei der Deutschen Bank und Diskonto-Gesellschaft in Offenburg. Damals hatte sie ein Jahreseinkommen von 3.000 Reichsmarkt (RM). Am 31.12.1933 musste sie wegen ihrer jüdischen Abstammung entlassen werden. In ihren Wiedergutmachungsunterlagen findet sich das Zeugnis der Bank, in dem es abschließend heißt: „ Fräulein Meyer scheidet mit dem heutigen Tage bei uns aus, und wir wünschen ihr auf ihrem ferneren Lebenswege das Beste“.
Während ihrer nun folgenden Arbeitslosigkeit zog sie mehrere Male um. Zwischen 1934 und 1935 zog sie zwei Mal nach Baden-Baden und wieder zurück, bevor sie im April 1936 nach Bad Polzin ins heutige Polen zog. Im März 1938 kam sie aus Dresden zurück und wohnte wieder bei Ihren Eltern in Offenburg. Zwei Monate später zog die ganze Familie nach Heidelberg. Warum sie all diese Umzüge unternahm und was sie in dieser Zeit machte, ist nicht bekannt.
Bekannt ist erst wieder, dass sie am 01.09.1939 nach New York, USA, auswanderte. Dafür fuhr sie mit der Eisenbahn von Heidelberg nach Rotterdam und kam dort mit dem Dampfer am 14.09.1939 in New York an. Dort fand Ruth jedoch auch keine feste Anstellung in ihrem Beruf und musste kleine Nebenjobs annehmen, um sich über Wasser zu halten. Sie arbeitete im Haushalt, in Restaurants und Fabriken bei bescheidenem Verdienst.
In der Zwischenzeit wurden ihre Eltern, die noch in Deutschland wohnten, am 22.10.1940 mit rund 6500 anderen Juden aus Baden und der Saarpfalz nach Gurs in Frankreich deportiert. Ihr Vater starb dort am 28.03.1941. Ihre Mutter konnte am 21.10.1941 aus dem Lager entkommen und wie ihre beiden Kinder zuvor in die USA auswandern. Da Marie durch den Aufenthalt in Gurs arbeitsunfähig geworden war, hatte sie kein Einkommen. Sie wurde von Ruth und ihrem Bruder Max finanziell unterstützt, die beide ebenfalls kaum Geldmittel hatten.
Ruth lernte in New York den aus Deutschland stammenden Juden Josef Poryle kennen und heiratete ihn am 02.12.1944. Sie nahm seinen Namen an und hieß somit Ruth Poryle. Sieben Jahre später ließ sich das Ehepaar wieder scheiden und Ruth siedelte nach Miami, Florida um. Dort wohnte sie in der 945 South Shore Drive. In dieser Zeit, am 02.12.1950, verstarb ihre Mutter.
Ebenfalls in diesem Jahr beantragte sie vom Deutschen Staat Wiedergutmachungs-leistungen. 1959 erhielt sie die ersten Zahlungen (für Auswanderungskosten und Sonderabgaben, die alle deutschen Juden 1939 zu leisten hatten), 1962 für ihren Verdienstausfall und 1967 schließlich eine Kapitalentschädigung und Rente. Insgesamt erhielt sie 7.332 DM.
In Miami heiratete sie 1962 Herrn Gerritsen.
Ruth Meyer geschiedene Poryle verheiratete Gerritsen verstarb am 30.08.1990 im Alter von 77Jahren.
Lars Heide
Gedenkbuch im Salmen (Offenburg), 2010/11